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Kimberly
 

Ängste und Sorgen

 

Als wir damals die Diagnose Dravet-Syndrom bekamen war das wie ein Schlag mit dem Hammer. Im Internet waren damals noch nicht viel Informationen über diese Krankheit zu finden - und das was man fand war so negativ das meine Angst nur noch größer wurde.

Die ersten Jahre hatte ich Kimberly immer bei mir. Sie wurde nie fremd betreut.......wenn ihr Papa mal aufpasste weil ich weg musste hatte ich immer Angst das ich was Schlimmes verpasse.....

Dann kam die Zeit das Kim in den Kindergarten sollte - als I-Kind in den Kindergarten in Echte. Puh....mir graulte davor. Aber ich wusste das sie Kontakt zu anderen Kindern braucht, und das ihr die Zeit dort gut tun würde. Die Eingewöhnung erfolgte langsam.......was wohl eher für mich gut war, denn Kim fand es toll dort und sie vermisste mich kaum. Und nach den ersten paar Anfällen wusste ich das ich mich auf die Betreuerinnen verlassen konnte. Mein Handy trug ich immer bei mir, und wenn es klingelte rutschte mir immer das Herz in die Hose. Hab mich auch nicht getraut weiter weg zu fahren zum Einkaufen oder so....

Aber es wurde besser! Und der Übergang zur Schule war dann nicht mehr ganz so schlimm. Sie hatte in der Schule eine eigene Schulbegleitung an der Seite, und so wusste ich das Kim immer gut versorgt war. Mit der Zeit fuhr ich auch mal in die nächste Stadt...ging bummeln oder shoppen. Natürlich trotzdem immer mit Handy dabei! Aber ich lernte meine freie Zeit auch mal zu geniessen und mal an mich zu denken.

Ich glaube so geht es aber den meisten Müttern bzw. Eltern die ein krankes Kind haben......man lebt immer mit der Angst das was Schlimmes passieren könnte mit dem Kind wenn man nicht dabei ist.

Ich bekam auch öfters den Tip mal zu einem Psychologen zu gehen......einfach nur um zu reden und mir Ratschläge zu holen. Aber ich bin nicht der Mensch der mit Fremden über die eigenen Gefühle und Ängste reden kann...... Und ich habe es geschafft - aus eigener Kraft - ich kann loslassen!

Ich habe begriffen das ich nicht nur für meine Tochter leben kann, sondern das ich auch ein eigenes Leben habe.  Mittlerweile fahre ich auf Konzerte, gehe zu Festen, treffe mich mit Freundinnen.....ohne ein schlechtes Gewissen zu haben oder vor Sorge ums Kind dauernd aufs Handy zu starren.

 

Aber die Angst Kimberly an ihre Krankheit zu verlieren....die vergeht nie!

Und einmal wäre es fast soweit gewesen....Anfang 2011.......die schlimmsten Tage meines Lebens:

 

Kimberlys Klingelstreich an der Himmelstür.............

 

Am Montag den 31.1.2011 wurde ich mit Kimberly in die Klinik eingewiesen weil sie eine Lungenentzündung hatte, und eine ziemlich üble Sauerstoffsättigung. Dort wurde sie mit Antibiotika behandelt und bekam Sauerstoff. Am Tropf lag sie auch.

Am Dienstag kam sie mir manchmal etwas abwesend vor, oft verlangsamt. Zur Sicherheit wurde ein EEG gemacht welches nichts Besonderes zeigte.

Ab Mittwoch wurde sie irgendwie immer müder, regelrecht apathisch.

Donnerstagvormittag bekam sie plötzlich Myoklonien. Da diese aber nur im Wachzustand auftraten wurde es als "nicht so schlimm" angesehen. Ab Mittags war sie so gut wie gar nicht mehr weckbar, bekam kaum was mit......der Oberarzt meinte immer nur sie schläft sich halt gesund.....ihre Blutwerte wären ja ok.

Freitagmorgen wurde sie dann gar nicht mehr wach - ihre Medikamente verbreichte ich ihr obwohl sie schlief.  Ich konnte brabbeln wie ich wollte - kein Arzt nahm mich für voll. Ich wusste das da was nicht stimmt.......grundlos schläft doch kein Kind so tief das es nicht weckbar ist. Freitagabend wurd ich dann echt sauer, verlangte einen anderen Arzt. Es kam die diensthabende Ärztin von der NEO - Intensiv. Sie erkannte sofort das was nicht stimmt. Machte umgehend ein Ultraschall von den Organen, nahm noch mal Blut ab, testete Urinwerte - ohne was zu finden.  Als sie Kimberly dann unter den linken Hacken drückte bekam sie plötzlich klonische Zuckungen in diesem Bein. Zudem hatte sie stundenlang immer wieder heftige Myoklonien am ganzen Körper.  Es war einfach schrecklich sie so zu sehen........aber da die Intensivstation voll war musste sie die Nacht über auf der Kinderstation bleiben.

Samstagmorgen gings dann auf die Intensivstation. Es wurde zuerst eine Magensonde gelegt da Kimberly seit Tagen ja nichts zu sich genommen hat. Dabei wurde festgestellt das ihr Magen voller Blut war.   Es schauten mehrere Ärzte nach ihr, aber keiner hatte eine Erklärung für diesen Zustand. Also ab zum Not-MRT.  Nach dem MRT erklärte uns der Arzt das nichts zu sehen war - es gab also keinen Grund für  diesen Zustand. Kimberly lag wohl im tiefen Koma.   Ein epileptischer Status wurde so gut wie ausgeschlossen, weil es dafür recht untypisch wäre.

Der Arzt sagte uns das niemand sagen kann ob sie überhaupt jemals wieder aufwacht.....und wenn sie aufwacht wird sie wohl schwere bleibende Schäden haben sicherlich.......immerhin befand sie sich bereits 48 Stunden in diesem Zustand.

Irgendwelche Medikamente wollten ihr die Ärzte nicht geben, aus Angst das ihr Kreislauf und ihre Vitalfunktionen dann zusammen brechen. Eine Intubation sollte auf jeden Fall vermieden wären, wegen der Lungenentzündung.

Also stand ich da am Bett meines Kindes, heulte erst Mal Rotz und Wasser......und tat etwas was ich in meinen 40 Lebensjahren noch nie getan hatte: Ich betete! Ich betete darum das mein Kind überlebt........ich wollte lieber ein schwerstbehindertes Kind mit heim nehmen wie ein totes Kind.

Und kurz danach geschah das Wunder: Ganz plötzlich machte Kimberly die Augen auf und flüsterte "Papa"............

Die Ärzte wollten aber gern wissen was in ihrem Kopf vor sich geht, darum musste umgehend ein EEG gemacht werden........ nur ist dieses am Wochenende in ganz Hamburg nirgends für Kinder möglich.....sämtliche Kliniken wurden abtelefoniert. Die Alstertal-Klinik erklärte sich dann bereit ein EEG zu schreiben - das ist eigentlich eine Klink für Erwachsene, aber egal. Also gings auf mit dem RTW in die andere Klinik........Kimberly schlief wieder tief und fest und nur ab und zu kam ein Wimmern von ihr.

Kimys Neuropädiater wurde angerufen, er hatte eigentlich Urlaub. Aber er machte sich umgehend auf den Weg um beim EEG dabei zu sein - fand ich echt klasse!

Das EEG zeigte dann das Kimberly in keinem Status liegt.......was natürlich vorher war, bis zu dem Zeitpunkt wo sie komatös war, konnte man nicht mehr sehen. Das EEG war nur übelst verlangsam und man sah ein gewisses Krampfpotiental.

Sonntags dämmerte Kimberly weiter vor sich hin....gelegentlich wurd sie leicht wach. Aber immer wieder rollte sie mit den Augen und driftete wieder in den Dämmerzustand.

Montag wurde ein weiteres EEG geschrieben, und eine Lumbalpunktion gemacht.  Kimberly war mittlerweile immer öfter wach, und wir konnten zum Glück feststellen das sie wohl keine Schäden durch das Koma davongetragen hat!!!!!!

Mittwochs wurden wir wieder auf die Normalstation verlegt, und Donnerstag konnten wir dann heim!

 

Was es denn nun genau war weiss eigentlich keiner. Am naheliegensden wäre wohl ein subtiler Status. Uns war nur wichtig das unsere Maus das alles gut überstanden hat - und das hat sie!

Sie kann nun 2 Mal im Jahr Geburtstag feiern.......